Samstag, 7. Mai 2016

Durch die Türkei

Ja, es gibt den Blog noch, wir sind nicht verschollen. Aus unterschiedlichen Gründen  haben wir lange nichts geschrieben.
Zuerst war keine Zeit und nicht viel zu berichten, später eingeschränkter Internetzugriff, insbesondere auf Blogs. Danach war nochmal die Zeit knapp und dann hatten wir ehrlicherweise auch mal keine Lust. Es fällt auch leichter  aufzuschreiben, wie toll es irgendwo war, aus dieser Kategorie gab es aber zeitweise nicht viel zu erzählen. Wir hatten uns vorgenommen durch die Türkei und den Iran in die Stan-Länder zu fahren und von dort über Russland zurück zu kommen. Um es vorweg zu nehmen, diesen Plan haben wir verworfen, was uns nicht leicht gefallen ist. Über dieses Scheitern - wenn man es so nennen will - zu berichten geht etwas schwerer von der Hand.
Angesichts der langen Unterbrechung haben wir auch kurz überlegt ob wir das bloggen ganz lassen sollen. Mühe macht es allemal.
Wie man sieht haben wir uns entschieden den Blog aufrecht zu erhalten, darum jetzt der Reihe nach:

Durch die Turkei
Nach Kavala war die letzte Station in Griechenland Alexandroupoli wo wir noch ein paar sonnige Tage blieben, es gab keinen Grund zur Eile. Angesichts der Sicherheitlage in der Türkei hatten wir mit Bedauern entschieden es bei einem zügigen Transit zu belassen. Eigentlich hatten wir auch nach Istanbul fahren wollen, aber die jüngsten Anschläge wirkten doch zu abschreckend. Auf dem Camping in Alexandroupoli trafen wir türkische Offroader aus Istanbul, die uns in diesem Punkt bestätigten: wenn möglich keine öffentlichen Verkehrsmittel, nicht zu den grossen Sehenwürdigkeitenund so weiter.
Dann kann man es auch lassen.
Von unserer Visumagentur hieß es: alles im Zeitplan, die Pässe mit den Visa für die weitere Reise würden pünktlich in die Türkei veschickt. Wir hatten uns noch in Marokko entschieden  eine Visumagentur zu beauftragen, das tageweise herumhängen auf Botschaften in ohnehin unatraktiven Großstädten erschien uns nicht so verlockend. Blieb noch eine Sorge: für den geplanten Rückweg durch Russland mußte auch einVisum beschafft werden. Das geht laut den meisten Quellen nur über die Botschaft im Heimatland, also mußten die anderen Pässe nach Deutschland geschickt werden, am liebsten noch aus der Türkei. Wie sich herausstellte können Deutsche mit Fahrzeug auch mit dem Personalausweis in die Türkei einreisen, der Stempel für das Fahrzeug kommt dann auf ein extra Papier. So brauchten wir uns nicht darum zu sorgen, dass dieser Stempel im Pass landet und wir diesen dann zur Ausreise vorzeigen müssen, dann hätten wir ihn nämlich nicht verschicken können. Dieses Papier sollte später noch seine ganz eigene Rolle spielen.

Von Seiten der Behörden verlief die Einreise in die Türkei unproblematisch, wozu unser Auto geröntgt werden mußte haben wir zwar nicht verstanden aber was solls. Wir konnten mit dem Personalausweis einreisen und bekamen besagtes Papier in der Grössenordnung einer Tankquittung. Die Atmosphäre war allerdings angespannt, da die Flüchtlingsrücktransporte mit Bussen aus Griechenland über diesen Grenzbergang durchgeführt werden. Die Leute werden korrekt behandelt soweit wir es beurteilen konnten, dennoch ging es mitunter lautstark zu. Die Presse war vor Ort, es hatte etwas von Ausnahmezustand.
Wer jetzt denkt, damit mußte man rechnen, wenn man sich gegen den Flüchtlingsstrom Richtung Osten bewegte, hat Recht.


Um Istanbul grossräumig zu umgehen setzten wir bei bei den Dardanellen auf die asiatische Seite über und fanden in Troja eine nette Campingmöglichkeit. Eine längere Unterhaltung mit dem Betreiber gab Einblick in die Sorgen der Türken, die Urlauber könnten ausbleiben, damit ist wohl auch zu rechnen.
Am nächsten Tag konnten wir bei Frühlingswetter fast allein durch die Ausgrabungsstätte spazieren.





Von hier aus hielten wir auf Ankara zu, wo wir an einer vorher vereinbarten DHL Station unsere Pässe entgegennehmen wollten, die Stadt selbst stand aus oben genannten Gründen nicht auf dem Plan. Vom Weg dorthin gibt es ausser schlechtem Wetter nichts zu berichten.
Kurz vor Ankara erreichte uns die Nachricht, es gäbe eine Verzögerung mit der Ausstellung des Visums für Turkmenistan, die Pässe seien noch in Berlin. Wie lange konnte man nicht sagen, um aber so wenig wie möglich Verzug zu verursachen könnte man ja an einen Ort weiter östlich verschicken, wir könnten ja dann schonmal langsam weiter fahren. Soviel zum zügigien Transit.
Also vor Ankara nach Norden abbiegen, am Sonntagvormittag über die Stadt-Umgehung sollte ja gehen. Auf einer Brücke sperrt die Polizei wenige Autos vor uns den Verkehr. Es geht nichts mehr, hinter uns wird der Stau schnell länger und von der Brücke kommen wir nicht runter. Aus den Gruppen der Wartenden gesellt sich ein junger Türke zu uns, er spricht fließend Deutsch, besucht die deutsche Schule in Ankara. Auf die Frage nach dem Grund der Autobahn-Sperrung antwortet er recht lapidar: " Vielleicht wieder mal 'ne Bombe..."



Was es tatsächlich war konnten wir nicht klären, nach 45min Spekulationen in alle Richtungen wird der Verkehr kommentarlos wieder freigegeben.
Um uns auf eine unbestimmte Wartezeit einzustellen entschieden wir uns zur Schwarzmeerküste zu fahren. Dort sollte bessseres Wetter sein und der Umweg ist nicht so gross. Ausserdem wußten wir von einer Campingmöglichkeit in Akcacoa, die sind in diesem Teil  der Türkei nicht so häufig, wie lange es dauern würde konnte man uns schließlich nicht sagen.



Es wurde am Ende eine Woche daraus, während der wir täglich per email auf morgen vertröstet wurden. Allmählich litt die Moral. Zumindest das Wetter ließ es hier  meistens zu sich mal wieder ausserhalb unserer vier kleinen Wänden aufzuhalten.
Unsere bis dato zumindest noch unregelmäßig durchgeführten Versuche dem Mangel an Bewegung infolge Fahrerei und schlechtem Wetter durch Laufen zu begegnen wurden von Türken freundlich belustigt zu Kenntnis genommen.
Nejat, Betreiber des Hotels mit angeschlossenem Camping kümmerte sich um uns und kocht gut. Wenn wir schon durch die Osttürkei reisen wollten, dann keinesfalls südlicher als Erzurum gab er uns mit auf den Weg.
Auf den machten wir uns endlich als die Pässe nach viel hin und her zum dortigen deutschen Honorarkonsulat geschickt wurden.
Trotz der vielenWarterei und den Verzögerungen war die Stimmung gut, nur schade um den Iran dachten wir, denn weil der Transitzeitraum für das Turkmenistanvisum feststand mußen wir die verlorene Zeit vom Iran abknappsen. Aber erstmal hinfahren.



Wir hatten uns für eine Route an der Schwarzmeerküste entschieden, weil wir schon von früher wußten wie wenig abwechslungsreich Zentralanatolien ist.
So lernten wir bei einem Stop in Giresun Brian kennen. Der Ire arbeitet seit ein paar Jahren in der Türkei, derzeit an der Produktion und Lagerung von Haselnüssen. "Natürlich" landeten wir in einer Kneipe... Aus seiner Erfahrung vor Ort konnte er uns einiges erzählen, und auch er schärfte uns nochmal ein den kürzesten Weg durch Ostanatolien zu nehmen. Südlicher sei es nicht mehr sicher: von Menschenhandel mit Flüchtlingen und Schlimmerem war die Rede.  Ihm hatte man bereits konkrete Preise genannt, falls Interesse an einer syrische Frau bestehe, erschreckend geringe noch dazu.

In der Gewissheit in Erzurum unsere Pässe mit Visa zu bekommen verschickten wir die, die wir bei uns hatten von Trabzon aus nach Deutschland. Nach dem Verlassen der Schwarzmeerküste holte uns der Winter zuletzt  doch noch ein. Bei Eis und Schnee hatten wir teils Pässe über 2500m zu überqueren.



In Erzurum bekamen wir unsrer Pässe vom dortigen deutschen Honorarskonsul ausgehändigt.
Einen interessanten Vortrag über diese Weltgegend, seine Rolle darin, sein literarisches Werk und verschiedenes andere mehr gab es noch dazu. Zuletzt einen Tip für die Übernachtung: ein Tankstellen-Rastätten- Einkaufszentrum östlich der Stadt. Nachdem es schon dunkel war hatten wir auch keine Lust mehr nach Alternativen zu suchen. Von Freunden waren wir vor der Trostlosigkeit dieser Gegend insbesondere zu dieser Jahreszeit gewarnt worden und hatten es leichthin abgetan: Fehler, hier will man wirklich nicht länger als nötig bleiben.
Nach einer kalten Nacht bei viel Lärm auf der Raststätte machten wir uns daran zuerst die Türen zu enteisen um sie öffnen zu können und dann den Motor zu starten, was nach kurzem Murren auch gelang. Der Tag blieb so, nur eben hellgrau und wir machten uns auf den Weg nach Dogubayazit.



Dort schneller als erwartet angekommen entschieden wir uns noch am gleichen Tag in den Iran einzureisen. Vielleicht hätte es gutgetan nochmal zu verschnaufen, aber die Gegend ist wie gesagt alles andere als einladend.


Einziges Highlight: der Ararat.
Das Einführen von Alkohol und verschiederner andere Dinge in den Iran ist verboten, darum entledigten wir uns vorsorglich der wenigen verbliebenen Vorräte an alkoholischen Getränken. Wir fragten den freudlichen Tankwart, der uns wie üblich mit Tee bewirtete während wir sein WLAN benutzen durften ob er Interesse an Wein und Bier habe. Natürlich nicht, er sei gläubig und rühre nichts an, aber er hätte da einen Freund...

Vor dem Grenzübergang Dogubayazit Bazargan hatten uns gleich mehrere Reisende gewarnt. Unübersichtlich, keine Beschilderung, keiner weiss was in welcher Reihenfolge zu passieren hat, manche Beamte tragen Uniformen, andere laufen in zivil rum.
Wobei eigentlich man selbst derjenige ist der läuft, der Rest sitzt und schickt einen von hier nach dort, dann wieder zurück usw..
Man sammelt irgenwelche Stempel, oder auch nicht, zeigt hier den Pass, dort das Carnet de Passage vor und steht viel Schlange während man versucht sich die vielen Schlepper und Geldwechsler vom Leib zu halten.
Die tatsächliche Grenze markieren zwei massive Rolltore in etwa 30cm Abstand voreinander montiert, je eins von jeder Seite zu bedienen. Diese wurden abwechselnd durch die jewilige Seite geöffnet, wenn dem betreffenden Beamten danach war, allerdings selten gleichzeitig. Den Vorschlag sich womöglich untereinander abzusprechen haben wir uns verkniffen und stattdessen gewartet.
Nadine konnte zu ihrem Leidwesen wenig zu der zähen Prozedur beitragen, mit ungewohntem Kopftuch wurde sie als Frau allenfalls als existent wahrgenommen,  gesprochen wurde nur unter Männern. Meinen durchaus gemischten Gefühlen wurde dafür besonderes Interesse entgegengebracht. Ein adrett gekleideter Herr im Anzug, der einzige der flüssig Englisch sprach,  fragte bei Begutachten der Visa "Are you scared of Iran?"  -  sollte ich etwa?
 Zuletzt wird das Auto in einer Art Waschstrasse desinfiziert und man wird einem Versicherungsmenschen zugeführt, um für kleines Geld eine KFZ Versicherung abzuschliessen, von der man natürlich nicht weiß, was sie abdeckt. Wir sind uns sicher an allen Stellen mehrfach gefragt zu haben ob alles fertig ist und wurden letzlich mit einem aufmunternden "go!go!" weitergeschickt.
Irgendwann standen wir auf der anderen Seite, es wurde langsam dunkel und wir waren uns einig das sei zwar chaotisch, aber nicht so schlimm gewesen wie befürchtet.



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