Samstag, 14. Mai 2016

go west

Der Rückweg

Um nicht genau den gleichen Weg zurück fahren zu müssen - der hatte uns ja nur bedingt gefallen - entschieden wir uns zunächst der Küste des kaspischen Meeres zu folgen. An diesem Vormittag suchten wir eine Tankstelle, was sich als schwieriger erwies als gedacht, erst an der fünften bekamen wir letztlich Diesel. Ob die anderen keinen hatten, keinen verkaufen wollten oder was auch immer der Grund war blieb ungeklärt. Daneben wurden wir ungewohnt häufig von den ansonsten völlig untätigen Verkehrspolizisten angehalten. Eine Frau, die einen kleinen Allrad-LKW fährt sieht man hier offenbar nicht so häufig, Nadine wurde ein ums andere Mal nach einem gültigen Führerschein für so ein Fahrzeug gefragt. Ob die Beamten dem EU Führerschein entnehmen konnten, dass er für das Auto gültig ist haben wir uns nicht getraut zu fragen. Das Interesse an ihrem Foto ohne Kopftuch war kaum zu übersehen.
Irgendwann gaben wir es auf und ich fuhr weiter, danach wurden wir nicht mehr kontrolliert.  Zufall?
Die Frage ob es anderen Reisenden ähnlich ergangen sei konnten wir bei denjenigen, die wir gesprochen haben nicht klären.
Reisende Frauen die einen kleinen Allrad-LKW fahren sieht man auch anderswo nicht so häufig.
In Täbriz wollten wir diesmal doch unser Glück mit dem Mozafer Park versuchen, der war uns mehrfach empfohlen worden.
Wir wurden nicht entäuscht. Ein netter kleiner Park,  kostenlos(!) und mit akzeptablen sanitären Einrichtungen, Wifi und sogar eine Küche gibt es hier. Der nette ältere Herr in Uniform der die Einrichtung beaufsichtigt hätte uns sicher die ganze Nacht mit Tee versorgt.
In einer iranischen Millionenstatdt geht es nachts ziemlich ruhig zu, vom befürchteten Lärm nichts zu hören. Auf den zweiten Blick eigentlich nicht überraschend.
Den krönenden Abschluss bildete die Abfertigung an der Grenze. Zunächst ließ sich alles ganz flüssig an, wir wurden beim Zoll mit dem Carnet wiedererkannt und freundlich und zügig abgefertigt. Dann ging es zur Passkontrolle bei der Polizei. Hier blätterte ein nervöser Polizist in seinem Häusschen unsere Pässe vor und zurück durch bis er schliesslich herauskam und uns mit ins Büro seines Vorgestetzten nahm.
Dort wurden ein paar Worte in Farsi gewechselt und erneut wurde wild geblättert. Die Mühe uns zu erklären was denn das Problem sei machte sich niemand und so fragten wir nach. Keine Antwort, kein Englisch, hinsetzen und Klappe halten. Problem groß....
Nach einer langen Weile tauchte ein junger Mann in zivil auf, der vorgab Dolmetscher zu sein. Nun wurde uns erkärt worum es ging:
Es seien in den Pässen weder iranische Einreisestempel noch türkische Ausreisestempel, wir würden uns also illelagel im Land aufhalten. Wo wir denn überhaupt hergekommen seien? Hier eingereist, vor einer Woche, problemlos nachzuvollziehen an den Zollpapieren für das Fahrzeug, der Herr hatte uns ja sogar wiedererkannt. Türkische Stempel nicht nötig, Deutsche können mit dem Personalausweis reisen, was nur dazu führte, dass diese auch noch einkassiert wurden. Wieso man als Deutscher ohne Reispass in die Türkei könne? Keine Ahnung, geh doch und frag deine türkischen Kollegen, sind ja bloß 30 m. Das tat der Grenzer dann auch während ich mich nervös auf die Suche nach dem gestempelten Papier (s.o.) machte und es mit Glück tatsächlich auch auftreiben konnte. Wieder im Büro kamen wir überein ja, Deutsche können mit dem Personalausweis durch die Türkei reisen, und wir hätten offenbar am besagten Datum auch die Türkei hier verlassen. Es fehlten aber immernoch die iranischen Stempel. Mein Einwand dass es sich hier dann ja um ein Versäumnis ihrerseits handeln würde kam nicht gut an. Auch der Vorschlag gemeinsam zu den Kollegen vom Zoll zu gehen, die sicher unsere Einreise hier anhand der Papiere hätten bestätigen können wurde abgelehnt. Hier sei man bei der Polizei, der Zoll habe nichts zu sagen. Just kam einer der Schlepper vorbei, die uns auf dem Hinweg so auf den Keks gegangen waren und grüßte freundlich, erkannte uns offenbar ebenfalls. Dazu hieß es: das Wort von jemandem wie diesem Mann gelte bei einem Offizier der Polizei nichts (wörtlich!). Schade, alle die bezeugen konnten, dass wir hier keine Märchen erzählten wurden nicht gefragt, sattdessen war weiter von illegalem Aufenthalt und zum erstem Mal auch von Arrest die Rede. Ich hatte den Eindruck man würde uns wirklich eher einsperren als zuzugeben dass man etwas versäumt hatte. Wir sollten nicht soviel debatieren, der Herr Offizier würde sich schon kümmern. Ok, der Schlepper hätte zum entsprechenden Preis auch unsrere termingerechte Einreise vom Mars bezeugt...
Nach einer gefühlten Woche kam doch einer auf die Idee, die fehlenden Einreisevermerke mit Datum nachträglich in den Pass zu stempeln. Danach (natürlich!) konnten dann auch Aureisestempel erteilt werden und man wünschte uns eine gute Reise. Wir sollten uns aber doch mal herzlich beim Mr. Officer für die schnelle und unbürokratische Hilfe bedanken. Weil Neujahr sei habe man sich schliesslich besonders kulant gezeigt. Und so haben wir uns dann auch noch bedankt.
Darüber was uns die fehlenden Stempel an der eigentlich geplanten Grenze zu Turkmenistan für Scherereien verursacht hätten kann man ausgiebig spekulieren.
Die gute Reise endete bereits 30m weiter beim Häusschen des türkische Kollegen, der darin ein Mittagschläfchen hielt.  Mir wäre auch danach gewesen, ich hatte gewissermaßen Verständnis. Aber noch während ich überlegte was zu tun sei schob mich ein weniger duldsamer Iraner beiseite und hämmerte gegen das winzige Fenster. Nur 2 Stunden später erwachte auch die hiesige EDV aus dem Mittagsschlaf und wir wurden abgefertigt. Eine Übergangslösung zu finden und den Verkehr weiter abzufertigen, damit die Schlange nicht ins Unendliche wächst während die EDV streikt kam hier niemandem in den Sinn.

Die restliche Rückreise durch die Türkei verlief anstrengend aber ohne weitere Zwischenfälle. In Ostanatolien vermittelten Militärkontrollen mit schwerer Bewaffnung den Eindruck eines Landes mit einem ernsten Terrorismusproblem. man schien einigermaßen überrascht Touristen anzutrefffen. In Richtung Westen wurden die Kontrollen aber immer weniger.




 Nach einer weiteren lauten Nacht auf der Raststätte nahe Erzurum schafften wir es bis nach Zentralanatolien, wo wir wieder auf einer Tankstelle hielten um zu schlafen. Tuncay, den wir schon vom Hinweg kannten, hatte noch bevor wir etwas sagen konnten den Tisch gedeckt: türkische Gastfreundschaft, wir konnten nur noch das alkoholfreie Bitburger-Lemon aus dem Iran beisteuern.



Noch eine Nacht an einer Tanke, dann überquerten wir am Vormittag wieder die Dardanellen, ein paar blöde Fragen am Zoll und wir waren wieder in Alexandroupoli. Irgendwie schien an diesem Tag auch zum ersten Mal seit langem wieder die Sonne.








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